Dienstag, 22. Februar 2011

2.1. Guten Morgen, Welt.

Graues Tageslicht drang durch den bleichen Stoff der Vorhänge, die den Regentag draußen von der sterilen Umgebung des geräumigen Raumes trennte, den Schwester Morgan auf leisen Sohlen durchschritt.

Sie mochte dieses Zimmer. Die Patienten waren seit zwei Monaten hier, und sie waren so angenehm ruhig. Einmal am Tag kam sie hierher, um nach ihnen zu sehen, sich dann auf einem Stuhl niederzulassen, die Füße hochzulegen und ein wenig zu verschnaufen.

Sie hatte begonnen, die beiden Soldaten vor der Tür als persönliche Leibgarde zu sehen, die ihr den Alltag vom Hals hielten.

Morgan wusste nicht, wer die drei waren, die da schlummerten, an im ruhigen Rhythmus ihres Herzschlags piepsende Geräte angeschlossen. Sie sah zwar fern, aber nach der Schicht in der Klinik brauchte sie nicht noch mehr Gräuelmeldungen aus den Nachrichten.

Die beiden Männer und die Frau mussten einen schweren Unfall hinter sich haben. Als sie zu ihnen gekommen waren, waren sie kaum mehr als Trümmer, und selbst jetzt sah man noch die rosige, glatte Haut, die sich über den Verbrennungen gebildet hatte.

Es mussten wichtige Leute sein. Der Chefarzt persönlich war bei ihnen gewesen, zusammen mit einigen Gesichtern, die die Assistenzärzte raunend als 'Forscher' bezeichnet hatten – andere Leute hätten den Ton für 'Frankenstein' verwendet.

Die Schwester konnte es nicht lassen, wie jeden Tag sanft über die Wange des Dunkelhaarigen zu streichen, nachdem sie ihn rasiert hatte. Seine markante Kinnpartie hätte sicher jeder Frau die Knie weich gemacht, läge er nicht hier.

„Männer wie du werden heute nicht mehr gemacht, und dann trifft man mal einen, und was ist? Er liegt im Koma.“ Sie seufzte schwer.

Seine Lider zuckten leicht, als sie sich abwendete.


Der General war nicht glücklich. Als sie ihn zu diesem Projekt abgestellt hatten, klang es nach einer großen Ehre. Astronauten. Eine davon sogar ein Marine. Damit konnte man doch arbeiten...wenn sie nur wach wären.

So blieb ihm nichts, als in San Francisco zu bleiben und zu warten.

Was sollte man von diesen so genannten Novas auch erwarten? Alles, was er bisher gesehen hatte, war, dass es größere Geschütze brauchte, um sie umzubringen.


Schwester Morgan schreckte hoch. Sie musste eingenickt sein bei ihrem wohlverdienten Päuschen. Kurz brauchte sie, um sich zu orientieren. Etwas war falsch, hatte ihren über die Jahre antrainierten Instinkt anspringen lassen. Die Geräusche der Maschinen waren normal. Der Hübsche döste, genau wie die Frau. Der dritte, der mit dem langen Gesicht, hatte die Augen geöffnet.


„...wach? Können Sie mich hören, Sir? Sind Sie bei uns?“

Die Stimme drang durch weiche Wolken zu Sam herab. Er hatte sich Gott immer anders vorgestellt. Er versuchte etwas Geistreiches, aber was aus seiner trockenen Kehle drang, war nur ein Ächzen.

„Ich hole den Doktor!“

Die Schwester stürmte davon. Ihr Horoskop hatte sie heute morgen vor Überraschungen gewarnt, aber sie hatte auf etwas anderes gehofft.

Sams Augen schwammen. In der Helligkeit zeichneten sich langsam Umrisse ab, die nicht zu dem passten, woran er sich erinnerte. Bett. Stühle. Tisch. Ein geschmackvoll-friedlicher Druck einer Landschaft in dezenten Farben. An der Wand befestigt der tote Bildschirm eines Fernsehers. Und kein Raumschiff.

Er hob die Hand, um sich über die Augen zu reiben. Kanüle. Ein Zugang steckte in seinem Arm, mit Klebeband fixiert.

'Krankenhaus.' tickte es in seinem Kopf. Vorsichtig tastete er nach den Kabeln und Schläuchen, die etwas an seinem Körper mit Geräten verbanden.

„Willkommen unter den Lebenden, Mister Reignsbury.“

Jemand war an sein Bett getreten. Hochgewachsen. Kittel. 'Arzt.' tickte es. Ja, das ergab Sinn.

„Wie fühlen Sie sich?“

„Blendend.“ krächzte er nach einigen Anläufen. „Wo sind...“

„Ihre zwei Kollegen sind am Leben. Nachdem Sie wieder bei uns sind, bin ich guter Hoffnung, dass die beiden auch aufwachen. Bleiben Sie liegen, Mister Reignsbury. Ich werde Sie kurz untersuchen, und dann ruhen Sie sich ein wenig aus.“

„Was ist denn...“

Der Arzt leuchtete in seine Augen, nickte zufrieden ob der Reaktion der Pupillen.

„Ihre Pilotin hat es geschafft, die Kapsel zu wassern. Es grenzt an ein Wunder, dass jemand überlebt hat.“

Er wandte sich von Sam ab, um einen Blick auf die Anzeigen der Geräte zu werfen.

„Sie scheinen recht fit zu sein. Die Schwester bringt Ihnen gleich etwas, damit Sie noch ein bißchen schlafen können. Dann sieht die Welt gleich netter aus.“

Sein Ton duldete keinen Widerspruch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen